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Arbeitsrecht Jurablog

Kann ich meinen Urlaub abgeben?

Wer emsig im Vorjahr seinen Urlaub sparte, bekommt von wohlwollenden Kollegen Angebote wie „Dann gib doch mir deinen Urlaub…“. Geht das? Kann ich meinen Urlaub auf einen Kollegen übertragen?

Sehen wir uns in einem allgemeinen Kurzumriss die Rechtsnatur des Erholungsurlaubes etwas näher an.1

Was ist Urlaub?
Urlaub im arbeitsrechtlichen Sinne ist die dem Arbeitnehmer zum Zweck der Erholung gewährte Freistellung von der Arbeitspflicht unter Fortzahlung der Arbeitsvergütung.2

§ 1 BUrlG
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.

Wozu dient der Erholungsurlaub?
Wie der Name „Erholungsurlaub“ (§ 1 BUrlG a. E.) verrät, dient die Arbeitsbefreiung der Erholung und Regenerierung der Gesundheit und Arbeitskraft. Dies wird weiter im § 8 BUrlG deutlich, nach welchem der Arbeitnehmer eine dem Erholungszweck widersprechende Erwerbstätigkeit nicht ausüben darf.

§ 8 BUrlG
Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten.

Wie viel Urlaub steht mir zu?
Der gesetzliche, zugunsten des Arbeitnehmers abdingbare, Mindestumfang beträgt, ausgenommen sind besondere Personengruppen (vgl. FN 1), 24 Werktage, § 3 BUrlG. Werktage im Sinne des BUrlG sind alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder Feiertage sind. Das BUrlG geht hier also von einer Sechs-Tage-Woche aus. Liegt dem Arbeitsverhältnis eine Fünf-Tage-Woche zugrunde, muss entsprechend umgerechnet werden. (Auf Einzelheiten wird hier, wie erwähnt, nicht eingegangen.)

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Jurablog Zivilrecht

Kaiserparagraph

§ 1588 BGB
Betrachten wir uns einen „Exoten“ im BGB, den § 1588 BGB, der da lautet:

Die kirchlichen Verpflichtungen in Ansehung der Ehe werden durch die Vorschriften dieses Abschnitts nicht berührt.

„Exotisch“

§ 1588, Kaiserparagraph (Kaiser-Paragraph) genannt, ist der letzte Paragraph des Abschnitts 1 „Bürgerliche Ehe“ und der einzige Paragraph des Titels 8 „Kirchliche Verpflichtungen“. Wer das Inhaltsverzeichnis des BGB liest, erkennt, dass der Kaiserparagraph der einzige ist, der nach Art. 1 II Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts1 keine amtliche Überschrift erhielt.

Das heißt
„Durch den „Kaiser-Paragraphen“ – sogenannt nach seinem auf Vorschlag Kaiser Wilhelm I. ins Reichspersonenstandsgesetz von 1875 aufgenommenen Vorgänger (§ 82)2 – nimmt der konfessionsneutrale Staat zur Kenntnis, daß die Ehe kirchliche Verpflichtungen erzeugen kann; um deren Einhaltung kümmert er sich allerdings nicht. Damit ist zugleich klargestellt, daß die BGB-Vorschriften über das Eherecht nur die „bürgerliche Ehe“ betreffen“3.

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Jurablog Zivilrecht

911 Überfall

911 ist nicht nur 9/11, der BOAC-Flug oder eine bekannte Notrufnummer. 911 ist vielmehr auch eine Norm im deutschen Zivilrecht mit der amtlichen Überschrift „Überfall“:

§ 911 BGB

Früchte, die von einem Baum oder einem Strauche auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Nachbargrundstück dem öffentlichen Gebrauch dient.

Wer überfällt hier wen?
Die Früchte eines Baumes oder Strauches des Nachbarn A fallen auf das Grundstück des Nachbarn B. Mit Früchten sind hier tatsächliche Früchte, d. h. Überfallfrüchte (Fallobst), und nicht die des § 99 BGB gemeint. „Als übergefallen sind nur diejenigen Früchte anzusehen, die auf das Nachbargrundstück fallen, also durch die Fallbewegung nach der Lösung von Baum oder Strauch auf das Nachbargrundstück geraten, mögen sie auch zunächst auf dem Boden des Baumeigentümers auftreffen“ (Säcker in Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage 2004, § 911 RN 2). Kommen die Früchte auf dem Grundstück des Nachbarn A zum Liegen und werden später, etwa durch einen Windstoß, auf des Nachbargrundstück des B geweht, ist § 911 nicht einschlägig. Allerdings liegt hier die Beweislast bei Nachbar A.

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Jurablog Verwaltungsrecht

Lotto – Schenkungssteuer

Wenn es mit den CFDs nicht klappt, ist Lotto eine derzeit gegenwärtige Alternative. 35 Millionen ist auch ein nettes Sümmchen.

Wer spielt, trotz der Gewinnchance dieses Mal Lotto? Und was würdet ihr mit einigen Millionen anstellen? Haus, Schloss, Auto kaufen, Spenden, die Verwandtschaft versorgen…?

Letzteres ist doch auch interessant. Schauen wir uns kurz die Schenkungssteuer an.

Ich möchte meinen Eltern und meinem Bruder je eine Million per Einmalschenkung zukommen lassen.

Das Schenkungssteuerrecht ist im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) normiert. Hieran sieht man auch die Richtung der Begünstigungen (d. h. im Fall der Schenkung Freibeträge und Steuerklassen), die „von oben nach unten“ gehen, ähnlich wie wir es bei der gesetzlichen Erbfolge (mit Schaubild) gesehen haben. § 1952 I BGB „Gesetzliche Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.“

So muss für eine Schenkung von den Eltern in Richtung Abkömmlinge („von oben nach unten“) weniger Schenkungssteuer entrichtet werden (höherer Freibetrag und geringerer Steuersatz), als von Kindern in Richtung Eltern. Hierbei tun mir ja die Eltern leid…

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Jurablog Zivilrecht

Spielschulden sind Ehrenschulden

Spielschulden sind Ehrenschulden. Das ist nicht lediglich ein geläufiges Sprichwort, sondern im deutschen Recht begründet.

Teutobert wettet mit Friedegard um 35 Euro. Teutobert verliert die Wette, muss er zahlen?

§ 762 BGB lautet

(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.

(2) Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Teil gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis.

§ 762 I 1: „Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet.“
D. h. wenn es keine Verbindlichkeit gibt, gibt es keine Forderung iSd § 241 I BGB, d. h. die Wettschuld kann nicht eingeklagt werden.

§ 762 I 2: „Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.“
D. h., dass das aus der Spiel- oder Wettschuld bereits Geleistete nicht zurückgefordert werden kann. Es gibt keine einklagbare Forderung aber einen anerkannten Erwerbsgrund. Anders sieht es aus, wenn der Wettvertrag gegen die §§ 284 ff StGB verstößt, da er dann gem. § 134 BGB nichtig ist.

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Jurablog Zivilrecht

Reim im Gesetz

Einen Reim im Gesetz findet man z.B. im § 923 III BGB

Diese Vorschriften gelten auch
für einen auf der Grenze stehenden Strauch.

Hiermit wünsche ich euch ein schönes Wochenende.

Stay blogged. 😎

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Hans lobt aus

Mit seiner „Blogparade Geschenke“ lobt Hans einen Gewinn für die Teilnehmer aus.

Was ist eine Auslobung?
„Auslobung ist die durch öffentliche Bekanntmachung erfolgende einseitige Aussetzung einer Belohnung für die Vornahme einer Handlung.“1 Die Auslobung ist ein wichtiges Beispiel für ein einseitiges Rechtsgeschäft. Geregelt ist die Auslobung in den §§ 657 – 661a BGB. In § 657 BGB lesen wir:

Wer durch öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet, die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat, auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.

Derjenige, der nicht mit Rücksicht auf die Auslobung handelte (zum Beispiel: Nachbar N lobt 100€ Belohnung demjenigen aus, der den entlaufenen kastrierten Kater zurückbringt, der Minderjährige M bringt die Katze aber ohne von der Auslobung zu wissen zurück) muss die Belohnung aber nicht annehmen. Grundsätzlich stünden M die 100€ zu (trotz Unkenntnis der Auslobung und trotz Minderjährigkeit), seine Eltern könnten aber zum Beispiel gem. § 333 BGB analog das Geld zurückweisen.

Gem. § 658 I BGB kann die Auslobung bis zur Vornahme der Handlung widerrufen werden. Auf den Widerruf kann verzichtet werden, was im Zweifel bei Fristbestimmung der Fall ist (§ 658 II BGB).

Bei Mehrfachvornahme bestimmt § 659 BGB
(1) Ist die Handlung, für welche die Belohnung ausgesetzt ist, mehrmals vorgenommen worden, so gebührt die Belohnung demjenigen, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat.

(2) 1Ist die Handlung von mehreren gleichzeitig vorgenommen worden, so gebührt jedem ein gleicher Teil der Belohnung. 2Lässt sich die Belohnung wegen ihrer Beschaffenheit nicht teilen oder soll nach dem Inhalt der Auslobung nur einer die Belohnung erhalten, so entscheidet das Los.

Als Sonderfall der Auslobung ist in § 661 BGB das Preisausschreiben normiert.

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Huftritte eines Brauereigauls

gegen parkenden PKW.

Schreiben wir doch mal etwas lustiges in die Kategorie „Alles was Recht ist“. Nämlich dieses, fast schon legendäre, Urteil des AG Köln, das Komplett in diesem PDF-Dokument nachzulesen ist: jura-hd.de/dokumente/task,doc_view/gid,2957/Itemid,123/.

AG Köln, Urteil v. 12.10.1984 – 226 C 356/84

veröffentlicht in NJW 1986, 1266

Leitsätze:

1. Ein Pferdefuhrwerk ist, obwohl durch PS in Bewegung gesetzt, kein Fahrzeug im Sinne der StVO.
2. Auch wenn ein Brauereigaul am Straßenverkehr teilnimmt und nicht zu Hause wohnt, gehört er zu den Haustieren im Sinne des § 833 S 2 BGB
3. Ein Ausschluss der Tierhalterhaftung gemäß § 833 S 2 BGB kommt nicht in Betracht, wenn das Pferdegespann einer Brauerei zur Reklame ständig mit leeren Bierfässern durch die Stadt fährt (zumal dies dem Umsatz nicht gerade förderlich ist).
4. Beschädigt ein Brauereigaul durch Huftritt einen geparkten Pkw, hat sich damit die typische Tiergefahr im Sinne des § 833 BGB verwirklicht. Der Beweggrund des Tieres ist rechtlich ebenso unbeachtlich wie der Umstand, dass auch Menschen sich gelegentlich so zu verhalten pflegen.
5. Ein Bierkutscher, der diensteifrig dem Gebräu der eigenen Brauerei zugesprochen hat, verstößt gegen StGB § 316, wenn er in fahruntüchtigem Zustand das Pferdegespann führt. Die Fahrerlaubnis kann ihm allerdings nicht entzogen werden.
6. Ein „Führen“ im Sinne des StGB § 316 ist gegeben, wenn der Bierkutscher durch Zurufe
(zB „Hüh“ oder „Hott“) auf die Gäule einwirkt. Dies gilt jedoch nicht für Zurufe des Beikutschers.

Auszüge:

Deshalb und weil die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeitig in Erscheinung oder sonstwohin zu treten, auch bei Pferden nur selten anzutreffen ist, ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, daß das Gespann der Bekl. bei seiner Reise über das Kölner Land am Dienstag, den 31. 1. 1984, auf der B-Straße an der Postschänke angelangt ist, wo es auch von dem Zeugen S deutlich wahrgenommen wurde, dem insoweit eine besondere Kölsche Sachkunde zugesprochen werden muß

Auch wenn man nicht der heute weit verbreiteten Rechtsansicht huldigt, Tiere seien bessere Menschen (vgl. dazu schon Aristoteles, Politeia I, 2, wonach der Mensch nichts besseres ist als ein geselliges Tier), wäre es von dem Kutscher natürlich zu verlangen gewesen, die Pferde, anstatt sie herrenlos allein im Regen stehen zu lassen, wenn schon nicht aus Gründen des ethischen Tierschutzes‘ (vgl. dazu OLG Frankfurt, WM 1984, 37), so doch wenigstens zur Beaufsichtigung ( § 833 S. 2 BGB) und um ausreichend auf sie einwirken zu können ( § 28 I 2 StVO), mit in die Postschänke hineinzunehmen.

Insgesamt jedenfalls könnte die Bekl. mit einer gewissen Berechtigung ihrem Kutscher entgegenhalten, daß dasjenige Bier, das nicht getrunken wird, seinen Beruf verfehlt (Abgeordneter Alexander Meyer am 21. 1. 1880 bei der Beratung des Gesetzentwurfs betreffend die Steuer vom Vertriebe geistiger Getränke). Die von der Bekl. vertriebene Getränkeart vermag, insbesondere zur Winterszeit, wie das Gericht aufgrund eigener Sachkunde feststellen konnte, ohne daß die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Alkoholfragen notwendig gewesen wäre, durchaus auch anstelle von Kaffee eine gewisse wärmende Wirkung zu entfalten, wobei allerdings rechtlich ein mäßiger Gebrauch anzuraten ist.“

Die alte Verkehrsregel nämlich Wenn die Kutscher besoffen sind, laufen die Pferde am besten (vgl. Simrock, Nr. 7861 a), kann heute rechtlich nicht mehr uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchen.

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Verlockendes Angebot?

Gestern mit einem Freund in der Kneipe:

es nähert sich ein, vom Leben gezeichneter, Mann und bietet uns ein Navigationsgerät an. Wir lehnen ab. Wenige Minuten später, nähert er sich uns erneut, zeigt uns ein VDO Dayton Navigationsgerät (wow) und nennt den Kaufpreis von 50€ (nochmal wow).

Wäre das Navi tatsächlich seines und wäre es funktionsfähig, handle es sich um ein super Schnäppchen. Er erwähnt das Geld zu brauchen, um seine Stromrechnung bezahlen zu können.

Doch was, wenn es sich um Diebesgut handelt?
Unser zwielichtiger Verkäufer wäre in dem Fall nicht Eigentümer des Navigationsgerätes und könnte es mir somit nicht wirksam übertragen.

Ist er vielleicht nicht Eigentümer, wurde aber zum Verkauf vom Eigentümer berechtigt? _§ 185 I BGB_ lautet:

Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.

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Jurablog Zivilrecht

Sperrmüll

Gestern Abend war es mal wieder so weit: der Sperrmüll musste raus gestellt werden.

Doch wie sieht es rechtlich damit aus? Was ist, wenn ich meinen Kram vor die Türe stelle, damit es die Sperrmülleinsammler abholen und fachgerecht entsorgen, es aber jemand anderes mitnimmt? Darf man Sperrmüll mitnehmen?

Welche Voraussetzungen müssten bestehen, damit jeder den Sperrmüll mitnehmen darf?