Heiligenverehrung auf dem schwäbischen Berg der Seligpreisungen. Wo mit Tusche gezeichnete goldene Kälber archiviert werden, Klassik auf Moderne trifft und entzückt. Auf dem Schillerhügel in Marbach am Neckar.
Begeistert waren wir. Und beseelt. Ich fragte mich, wieso ich nicht eher schon in diesen Museen war. Gewiss ist, dass ich mich bereits jetzt auf die weiteren Besuche freue. Das Schiller-Nationalmuseum ist neben dem Literaturmuseum der Moderne Teil der Literaturmuseen des Deutschen Literaturarchivs Marbach. Verwirrend? Fand ich auch. Lösen wir das etwas auf.
Schiller-Nationalmuseum
Das Schillermuseum wurde 1903 erbaut und 1934 erweitert. Das spätbarocke und schlossartige Gebäude liegt herrschaftlich auf der Schillerhöhe in Marbach am Neckar. Es ist Museum, Gedenkstätte, Archiv und Bibliothek. Klassischer Baustil mit beeindruckender Treppenhalle und Schillersaal sowie modernen innenarchitektonischen Elementen. Dies zusammen mit den spannenden Exponaten ließ mich das Museum anfangs schwer erfassen.
In der Dauerausstellung sind, im Schwerpunkt schwäbische, literarische Zeugnisse des 18. und 19. Jahrhunderts zu sehen. Zugegeben, originale Schriften von Schiller, Schubart, Hölderlin, Kerner, Mörike et al zu sehen hat etwas. Echt. Schillers Reliquien wie seine Kleidung, Locken, Weingläser oder ein Abdruck seiner Totenmaske sind skurril, interessant und passen.
Literaturmuseum der Moderne (LiMo)
Irgendwann hat man aufgehört Beton zu verputzen. So auch im 2006 eröffneten Neubau des Literaturmuseums der Moderne. Säulenarchitektur, Brutalismus, Beton, dennoch filigran und dank Holz innen etwas warm.
Ausgestellt ist deutsche Literatur der 20. Jahrhunderts. In der transparenten Ausstellung „Die Seele“ sind unter anderem Kafkas Proceß, Döblins Alexanderplatz oder Kästners Emil und die Detektive zu sehen. Ergänzendes gibt es via QR-Codes und App.
Aktuelle Sonderausstellungen, die es mir besonders angetan haben:
1. Hegel und seine Freunde
Eine WG-Ausstellung. Die drei Theologie-Studenten des Tübinger Stifts Hegel, Hölderlin und Schelling, die in Tübingen zeitweise ein Zimmer teilten, entwarfen ein Programm des Idealismus. Den Fragen nach Wahrheit, Schönheit, Glück, Freiheit und Glaube kann man sich in der Ausstellung anhand Versuchsanordnungen mit Texten, Archivfundstücken und kleinen Inszenierungen nähern. Liebevoll und interaktiv ist die Ausstellung gestaltet. Man darf sich Zeit nehmen. Ebenso darf man Platz nehmen. Zum Denken und Experimentieren. Mitgenommen werden sollen nicht nur Gedanken und ein Lächeln. An vielen Stationen liegen Materialien zum Einpacken in die Hegel-Tasche parat. Herrlich!
2. Dostojewskij und Schiller (in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Literaturmuseum der Russischen Föderation)
Nahezu alle Exponate der Ausstellung im Literaturmuseum der Moderne werden zum ersten Mal außerhalb Russlands gezeigt. Besonders wertvoll sind Dostojewskijs handschriftliche Zeugnisse: ein Brief an den Bruder Michail, in dem er seinen Plan darlegt, Schillers Don Karlos in Michail Dostojewskijs Übersetzung herauszugeben, zum Beispiel.
Zu sehen ist auch ein Begleitfilm von Anastasia Alexandrowa, in dem sich Dostojewskij und Schiller auf experimentelle Weise begegnen.
Das Schiller-Nationalmuseum und das Literaturmuseum der Moderne in Marbach sind mit Herz und Verstand konzipiert, bieten wahre Schätze und eine zeitgemäse Museumsdidaktik. Chapeau!
App geht´s
Für Android und iOS gibt es Apps, die den Museumsbesuch noch interaktiver gestalten.
Stay blogged. 😎
Dein Matthias Düsi