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Recht auf Sex?

Gibt es in Deutschland ein Recht auf Sex?

Man stelle sich vor, man ehelicht, um schlussendlich mit der Angehimmelten geschlechtlich zu werden (hier lassen wir außer Acht, ob die Beiwohnung allein der Reproduktion vorbehaltlich ist und berücksichtigen, dass das Konkubinat lange und bis vor kurzem verpönt war) und urplötzlich weigert sich die Gute. Unerhört? Eben! Schauen wir, ob es ein Recht auf Sex in der Ehe gibt, und wie dieses Recht durchgesetzt werden könnte.

Die Ehe

Das Institut der Ehe im deutschen Recht setzt das geistig-seelische Band, also eine personale Verbindung und eine gegenseitige Zuneigung voraus. Im § 1353 II 1, 1. HS BGB lesen wir „Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet;…

Hierin sehen wir den Rechtscharakter der persönlichen Grundpflichten der anfangs so euphorischen Eheleute. Wir sehen im Folgenden von den „sonstigen“ ehelichen Pflichten wie Treue (Ausschließlichkeit der Sexualbeziehungen), Schutz, Beistand, Fürsorge et cetera ab und konzentrieren uns auf die Geschlechtsgemeinschaft sowie auf körperlich und geistig „gesunde“ Ehepartner. Ein alter Professor meinte einst, dass zur Ehe seit eh und je „Bett und Tisch“ (traditionelles Eheverständnis) gehören.

BGH Urteil von 1967

Im Jahre 1967 verkündete der BGH in einem Urteil (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. November 1966, Az. IV ZR 239/65 (NJW 1967, 1078″1080)) u.a. dieses:
Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, daß sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen, zu denen die Unwissenheit der Eheleute gehören kann, versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe doch von ihr eine Gewährung ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit zur Schau zu tragen. Denn erfahrungsgemäß vermag sich der Partner, der im ehelichen Verkehr seine natürliche und legitime Befriedigung sucht, auf die Dauer kaum jemals mit der bloßen Triebstillung zu begnügen, ohne davon berührt zu werden, was der andere dabei empfindet.

Dies zeigt uns, dass der BGH (damals) die Pflicht zur Sexualgemeinschaft als selbstverständlich voraussetzte.

Eheherstellungsklage

Setzt ein Ehegatte die Geschlechtsgemeinschaft also einseitig aus, kann der andere Ehegatte auf „Herstellung des ehelichen Lebens“ klagen (Eheherstellungsklage) und gegebenenfalls Recht zugesprochen bekommen. Die Eheherstellungsklage ist Ehesache im Sinne des § 606 I ZPO, über die das Familiengericht zu befinden hat.

Durchsetzbarkeit

Und dann? Man hat ein rechtskräftiges Urteil, welches den prüden Partner verpflichten soll wieder gefällig zu werden, er tut es aber nicht. Die Ehe ist zivilrechtlich einzuordnen. Wie werden zivilrechtliche Ansprüche notfalls eingeholt? Richtig, durch ein Vollstreckungsorgan, wie z. B. einen Gerichtsvollzieher. Nun überlegt euch mal wie euch ein Gerichtsvollzieher bei dem Problem helfen soll?

Nein, das geht freilich nicht, wie uns ein Blick in den § 120 III FamFG (§ 888 III ZPO a. F.) zeigt:

Die Verpflichtung zur Eingehung der Ehe und zur Herstellung des ehelichen Lebens unterliegt nicht der Vollstreckung.

Das Urteil zur Erfüllung personaler Ehepflichten ist nicht vollstreckbar und als ein Appell zur Pflichterfüllung anzusehen. Hinzuzufügen ist, dass die Eheherstellungsklage mangels Vollstreckbarkeit praktisch wenig relevant ist.

Preußisches Allgemeines Landrecht

Das Preußische Allgemeine Landrecht II Teil 1 von 1794, enthält einen Pflichtenkatalog für Eheleute in den §§ 173-183 (Text als PDF-Dokument von smixx.de), wie zum Beispiel: § 176: „Auch wegen Widerwärtigkeiten dürfen sie einander nicht verlassen.“, oder § 178 „Eheleute dürfen einander die eheliche Pflicht anhaltend nicht versagen.“.

Solch einen Pflichtenkatalog gibt es heute im personalen Bereich der Ehe nicht. Eine Rechtspflicht auf Geschlechtsverkehr in der Ehe war und ist nicht unstreitig und mangels Justiziabilität nicht leicht auszumachen ist allerdings heute, im Gegensatz zu früher herrschender Meinung, nicht gegeben. Vielmehr ist auch § 177 StGB zu beachten.

Stay blogged. 😎

Der Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Einträge dienen lediglich der Information, hier findet keine Rechtsberatung statt. Grundsätzlich muss bei rechtlichen Themen stets das Veröffentlichungsdatum hinsichtlich der Aktualität beachtet werden!

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