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Sprachliche Renovierung

Wenn der kleine Bildungshunger kommt.

Für die Satzung des Vereins „Nichtunterschätzer des subjektiven Faktors im objektiven Verlauf“ erwirkte ich eine kleine sprachliche Renovierung. Ob dies geltenden Gesetzen auch gut tun würde? Betrachten wir einige ausgewählte Paragraphen näher:

§ 919 Abs. 1 BGB weiß von verrückt gewordenen Grenzzeichen zu berichten.
„Der Eigentümer eines Grundstücks kann von dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks verlangen, dass dieser zur Errichtung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur Wiederherstellung mitwirkt.“

In § 4 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO) wird „Verwirrung besorgt“.„Über mehrere Grundstücke desselben Eigentümers, deren Grundbücher von demselben Grundbuchamt geführt werden, kann ein gemeinschaftliches Grundbuchblatt geführt werden, solange hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist.

§ 961 Abs. 1 BGB erzählt Spannendes davon, dass ein Bienenschwarm herrenlos wird, wenn der Besitzer ihn nicht unverzüglich verfolgt.
„Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigentümer die Verfolgung aufgibt.“

§ 1 Abs. 4 Satz 2 ProdHaftG (Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte) hat das in der Rechtsgelehrsamkeit gängige Wort „streitig“ aufgenommen, welches man in der Schule in einem Deutschaufsatz besser nicht schreibt.
Ist streitig, ob die Ersatzpflicht gemäß Absatz 2 oder 3 ausgeschlossen ist, so trägt der Hersteller die Beweislast.

Wie hier schon aufgezeigt, spricht einem § 811 Abs. 1 ZPO das Recht zu, eine Milchkuh oder insgesamt zwei Schweine, Ziegen oder Schafe unter Umständen zu behalten.

§ 825 BGB (alte Fassung) lautete: Bestimmung zur Beiwohnung „Wer eine Frauenperson durch Hinterlist, durch Drohung oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt, ist ihr zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.“

§ 825 BGB (aktuelle Fassung) Bestimmung zu sexuellen Handlungen „Wer einen anderen durch Hinterlist, Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt, ist ihm zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“

Besser? Bedingt. Auch wenn es nicht nur um die außereheliche Beiwohnung einer Frauenperson geht, so ist doch die Frau, zumindest sprachlich, nicht mehr im Schutzkreis dieser Norm: „Wer einen anderen […] ist ihm […] verpflichtet.“

Versteht mich nicht falsch, ich halte gerne an der juristischen Fachsprache fest, jede wissenschaftliche Disziplin hat ihr „eigene Sprache“, aber hie und dort eine verständlichere Ausdrucksweise kann nicht schaden und verwirrt den juristischen Laien vielleicht weniger, wenn er z.B. im Gesetz liest, dass jedem Teilhaber „ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte“ gebührt. (Wobei mir für die im Gesetz verschieden bestimmte „Früchte“ ad hoc kein passendes Synonym einfällt). Was wäre denn auch die Comedy-Welt, wisse sie sich in der Öffentlichkeit nicht über Sätze wie „Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.“ (§ 164 BGB) auszulassen.

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