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Regionalia Reiseblog

Mein erstes Mal… im ZKM. Technikkunst und Kunsthacking

ZKM

Schon so lange wollte ich das ZKM (Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe) besuchen und kurz vor Jahresende haben wir es geschafft. Was soll ich Euch nur darüber schreiben? Ganz einfach: geht hin! Mit Zeit und freiem Kopf.

Wir hatten uns viel vorgenommen, für unseren ZKM Besuch. „Open Codes“, „Hybrid Layers“, „Datumsoria“, „Feministische Avantgarde der 1970er-Jahre“ und „The Art of Immersion“. Zusätzlich haben wir „AppArtAward 2017 “ Highlights“, „Resonanzen. 40 Jahre Kunststiftung Baden-Württemberg“, „Radical Software. The Raindance Foundation, Media Ecology and Video Art“ und „ZKM_Gameplay“ mitgenommen. Ihr merkt schon: etwas zu engagiert.

Die einzelnen Ausstellungen

  1. Datumsoria
  2. Open Codes
  3. Hybrid Layers
  4. Feministische Avantgarde der 1970ER-Jahre
  5. Radical Software. The Raindance Foundation, Media Ecology and Video Art
  6. ZKM Gameplay

„Medienkompetenz“

„Medienkompetenz“. In Anführungszeichen. Pinsel, Farbe und Leinwand werden getauscht gegen Software, Hardware, Algorithmen und Code. Die Künstler drücken das Gewollte technisch aus.

Das erinnerte mich an das Theaterfest Schwindelfrei. Hier bedienten die Schauspieler und Tänzer auf der Bühne die Technik für beispielsweise live Streaming, Musik und so weiter selbst. Eine großartige Leistung.

Insgesamt, bietet mir die im ZKM dargebotene Kunst eine faszinierende Ästhetik. Die Künstler vermitteln mir eine intelligente Auseinandersetzung mit unserer Zeit und Gesellschaft. Die Ausstellung „Glanz und Elend in der Weimarer Republik“, die aktuell in der Schirn zu sehen ist, stellt für mich hierzu keinen Gegensatz dar. Im Gegenteil. Ein Unterschied ist, dass mir die Kunst der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts hilft, mich in die Zeit zu versetzen und die zeitgenössische technische Kunst mir meine eigene Zeit, anders interpretiert, vorstellt.

Nun zu den Ausstellungen.

1. Datumsoria

Datumsoria“ ist ein Neologismus aus Datum und sensoriell (die Sinne betreffend), und bezeichnet einen neuen Wahrnehmungsraum des Informationszeitalters.

Uff! Wir haben echt gestaunt! Achja, ohne Begleitheft, macht die Ausstellung für mich wenig Sinn. Ihr findet es im Eingangsbereich der Ausstellung; greift zu. Um nur wenige meiner Highlights dieser Ausstellung aufzuführen:

Rêverie Reset

YAN Lei lässt die Besucher mit seiner Installation „Rêverie Reset“ interagieren. Die Besucher können mit ihren Handys Fotos hochladen, die von den Rechnern interpretiert und als Bildbeschreibung ausgegeben werden. 80 Bildschirme werden von fünf PCs betrieben und sind auf einer großen sich langsam drehenden zylindrischen Struktur montiert.

Weight of Insomnia

Weight of Insomnia

Ihr erkennt unschwer das Brandenburger Tor. Die Apparatur zeichnet das Webcambild und dort wo viel Farbe zu sehen ist, wurden die Bewegungen aufgezeichnet.

Trailer | LIU Xiaodong: Weight of Insomnia from Chronus Art Center on Vimeo.

In „Weight of Insomnia“ hat LIU Xiaodong ein automatisches System erschaffen, um ständig monumentale Leinwände zu bemalen, indem er gestreamte Daten von drei unterschiedlichen Orten (Karlsruhe, Berlin, VW Autowerk) nutzt und so jeden Moment ein neues Sediment von emotionalen Überbleibseln erzeugt.

Mirage

Mirage / 2014 from Ralf Baecker on Vimeo.

Eine Weile haben wir vor der ästhetischen Apparatur gerätselt, welche Daten die Grundlage für die sich ständig ändernde räumliche Laserprojektion sind. Eine Förstersonde (Fluxgate-Magnetometer, Magnetfeldstärkenmessgerät) nimmt das von der Sonnenaktivität beeinflusste Magnetfeld der Erde auf. Ein Algorithmus verarbeitet es und gibt es wieder.

2. Open Codes

Der Wahnsinn! Wirklich. Im Sinne der „kostenlosen Bildung für alle“ ist diese große und herausragende Ausstellung kostenlos. Inklusive Obst, Kalt- und Heißgetränken sowie Leseecken und einer ausstellungsbezogenen Bibliothek. Chapeau ZKM! Nehmt Euch auf jedenfalls das kleine Begleitheft mit, das die einzelnen Installationen erklärt.

Meine Höhepunkte? Das waren so viele. Ok, ich versuche es:

BitterCoin

BitterCoin

César Escudero Andaluz und Martín Nadal funktionierten einen Tischrechner zum Bitcoin Miner um.

Daten|Spuren

Datenspuren

Alex Wenger und Max-Gerd Retzlaff demonstrieren in „Daten|Spuren“, wie unbemerkt Daten von jedem Besucher gesammelt werden (können).

manifest

manifest

Die Künstlergruppe robotlab lässt einen Industrieroboter autonom Manifeste für eine utopische Mensch-Maschine-Gesellschaft verfassen. Diese Manifeste bestehen aus thesenartigen Sätzen, die der Roboter eigenständig generiert und niederschreibt.

Und noch so viele mehr…

Allein „Open Codes“ ist schon einen Besuchstag wert, geht hin! 😉

3. Hybrid Layers

Ebenfalls kostenlos. Ebenfalls sehenswert. Mein Höhepunkt? Bitte:

Yngve Holen & Aedrhlsomrs Othryutupt Lauecehrofn

Yngve Holen und Aedrhlsomrs Othryutupt Lauecehrofn Installation mit dem griffigen Namen „13 7E 2C 35 D7 16 32 9A FB 07 27 12 E1 B5 2D 16 7F 19 8D 69 D8 E8 8A 18 A3 97 7A 57 7B 14 4C 8D OE FE 39 92 1E E1 3A 66 8A E1 1E D4 5E 2A 35 13 21 5F 20 BE 2A BD A6 9B EB 39 BA 67 AA BA E8 F6“ hat mich in ihren Bann gezogen. In dem Moment, in dem ich verstand, dass die A und O Laute, von 3D gedruckten Stimmbändern, den Nachbildungen derer der Künstler, erzeugt wurden.

Nehmt Euch auf jedenfalls das kleine Begleitheft mit, das die einzelnen Installationen erklärt.

4. Feministische Avantgarde der 1970ER-Jahre

FeministischeAvantgardeDas ZKM zeigt mit über 400 Kunstwerken aus der SAMMLUNG VERBUND in Wien, wie Künstlerinnen in den 1970er-Jahren zum ersten Mal ein eigenes Bild der Frau kollektiv neu kreierten. Dass die große, wirklich sehr große, Ausstellung wieder gezeigt wird, gefällt mir. Nur fragte ich mich, ob die Künstlerinnen dieser Zeit nicht mehr als Schmerz und Verstörendes auszudrücken vermochten. Vielleicht muss es aber einfach krass und verstörend ausgedrückt werden. Unterdrückung gleich jedweder Art ist ebenso krass.

5. The Art of Immersion

Ein wesentlicher Aspekt der neuen Medien in all ihren Erscheinungsformen ist ihr immersiver Charakter. Dies kündigte sich bereits in der Geschichte der Panoramamalerei, des Cinerama und der Installationskunst an und erreicht inzwischen mit den immersiven digitalen Visualisierungssystemen der virtuellen Realität und der Augmented Reality ein neues Niveau transformierender Erfahrungen von Wirklichkeit.

In einem 360° VR Raum werden täglich verschiedene Kunstprojekte gezeigt. Es lohnt sich also währen des ZKM Aufenthaltes mehrmals in den Raum zu gehen. Mehr zum T_Visionarium erfahrt Ihr in der englischen Wikipedia oder auch auf museumsandtheweb.com/paper/marchive-sculpting-museum-victorias-collections/.

Radical Software. The Raindance Foundation, Media Ecology and Video Art

Radical Software. The Raindance Foundation, Media Ecology and Video Art (deutsch) from ZKM | Karlsruhe on Vimeo.

Die Ausstellung „Radical Software. The Raindance Foundation, Media Ecology and Video Art“ präsentiert Video-Arbeiten und Installationen einer wegweisenden Gruppe amerikanischer KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen, die in den 1970er-Jahren begann, die erste Vision einer vernetzten Welt des freien Informationsflusses zu formulieren. Dieses Video-/Künstler-Informationsverbreitungskollektiv war mir bis zum Besuch der Ausstellung unbekannt. Und doch solidarisierte ich mich sofort gedanklich mich ihnen. Sie haben beeindruckend als Vorreiter früh das Richtige erkannt, gedacht und umgesetzt. Mehr über diese Gruppe könnt Ihr in der englischen Wiki und auf radicalsoftware.org lesen.

ZKM Gameplay

ZKM Gameplay

Die Dauerausstellung ZKM_Gameplay ist sehr groß und macht naturgemäß viel Spaß. Game Art, Independent Games und Serious Games. Kreativitöt, Experimente und Refelktierende Spiele. Beeindruckend!

„Kunsthacking“ und IT Sicherheit

„Kunsthacking“. In Anführungszeichen. Hacken ist auch Kunst. Das ZKM machte ich auf eine Sicherheitslücke aufmerksam, die es mir ermöglichte, mich in eine Ausstellung mit Vollzugriff einzuklinken. Auch das hat mir eine neue Seite der technischen Kunst gezeigt.

Stay blogged. 😎

Euer Matthias Düsi