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Hobbyweinberg und der Mythos der 99 Rebstöcke

Weintrauben
Widmen wir uns dem schönen Thema „Hobbyweinberg“. Was ist ein sogenannter Hobbyweinberg? Warum benötigt man dieses Institut überhaupt und was ist mit diesen 99 Rebstöcken los?

Warum ist ein „Hobbyweinberg“ überhaupt wichtig?

Gemäß Art. 85g der Verordnung (EG) 1234/2007 ist die Neuanpflanzung von klassifizierten Keltertraubensorten verboten.

Das heißt, dass ich nicht einfach so, wo ich möchte, einen Weinberg pflanzen und daraus Wein erzeugen und verkaufen darf. Irrsinn? Ja!

Art. 85g ist mit „Vorübergehendes Rebpflanzungsverbot“ überschrieben. Dieses „vorübergehende“ Verbot soll allerdings schon wieder verlängert werden.

Von dem generellen Verbot neue Reben zu pflanzen gibt es nur sehr wenige, wenig relevante Ausnahmen. Eine davon wird umgangssprachlich „Hobbyweinberg“ genannt.

Was ist ein Hobbyweinberg?

§ 3 Abs. 3 Weinverordung (zu § 7 Absatz 2 Nummer 1 und 3 des Weingesetzes) lautet:

Die Genehmigung für eine Neuanpflanzung ist nicht erforderlich für nicht weinbergmäßig bepflanzte Flächen, wenn sie zusammen mit anderen derartigen Flächen desselben Nutzungsberechtigten nicht größer als ein Ar sind und nicht in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit einer weinbergmäßig bepflanzten Fläche stehen.

Das heißt, dass Weinreben auf einer Fläche bis zu 100 qm (= 1 Ar) genehmigungsfrei gepflanzt werden dürfen. Achtung: dennoch sind solche Bepflanzungen stets der zuständigen Behörde anzumelden (genehmigungsfrei aber meldepflichtig)!

Was darf mit den Erzeugnissen eines Hobbyweinberges geschehen?

Wein oder Weinbauerzeugnisse aus einem Hobbyweinberg sind ausschließlich zum Verbrauch im Haushalt des Erzeugers bestimmt! Bei Verfehlung ist hat der Hobbywinzer seinen Weinberg auf eigene Kosten zu roden (Art. 60 Abs. 6 und 7 VO(EG) Nr. 555/2008).

Welche Reben dürfen in so einer Hobbyanlage gepflanzt werden?

Das handhaben die Länder (Bundesländer) leicht unterschiedlich. Zumindest die in dem jeweiligen Bundesland/Anbaugebiet genehmigten Rebsorten dürfen gepflanzt werden.

In Bayern dürfen Hobbyweinberge mit für Bayern klassifizierten Keltertrauben bestückt werden (§ 8 BayWeinRAV). In Hessen dürfen alle in der nationalen Liste aufgeführten Rebsorten gepflanzt werden.

Was muss ich tun, wenn ich einen Hobbyweinberg pflanzen möchte?

Einen Überblick hast Du mit diesem Artikel bereits. Die Bundesländer handhaben die sogenannten Hobbyweinberge leicht unterschiedlich. Mein Tipp: setze dich mit deiner zuständigen Weinbaubehörde in Verbindung. Dort erhälst Du auch die notwendigen Formulare und weitere spezielle Informationen.

Was hat es mit den 99 Rebstöcken auf sich?

Es handelt sich um einen erstaunlich hartnäckigen Mythos, der selbst bei Fachleuten weit verbreitet ist. Es stimmt schlicht nicht, dass 99 Rebstöcke genehmigungsfrei gepflanzt werden können. Wie Ihr oben lesen könnt ist die Begrenzung ganz klar auf 1 Ar nicht weinbergmäßig bepflanzter Fläche ausgelegt.

Zusammenfassung

Hobbyweinberge stellen eine Ausnahme zum generellen Rebpflanzungsverbot beziehungsweise Anbaustopp in der EU dar. Bestimmte Keltertrauben dürfen, nicht gewerbsmäßig, auf einer Fläche von bis zu 100 qm meldepflichtig gepflanzt werden (Hobbyweinberg). Die Erzeugnisse daraus sind ausschließlich für den Haushalt des Erzeugers bestimmt.

Mehr zum Thema Rebpflanzungsverbot

Unter dem Stichwort „Rebpflanzungsverbot“ findet Ihr einige Artikel von mir zu dem Thema, in denen ich die Materie rechtlich aufarbeite. Speziell empfehle ich diese Artikel:

Stay blogged. 😎

Euer Matthias

Dieser Artikel ist gleichsam ein Nachtrag zur 63. Weinrallye “ Anbaustopp versus Weine jenseits der Anbaugrenzen (Resümee auf weinbau-oenologie.de).

Der Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Einträge dienen lediglich der Information, hier findet keine Rechtsberatung statt. Grundsätzlich muss bei rechtlichen Themen stets das Veröffentlichungsdatum hinsichtlich der Aktualität beachtet werden!