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Jurablog Zivilrecht

Brötchenkauf juristisch betrachtet

Dinkelvollkornbrötchen

Allein der Brötchenkauf beim Bäcker stellt juristisch sehr viel Inhalt dar und kann gutachterlich über mehrere DIN A4 Seiten ausgeführt werden. Man stelle sich nur das Vorliegen eines Dissens oder unwirksame Vertretung auf Verkäufer- oder Käuferseite vor… Der juristisch betrachtete Brötchenkauf ist einer der Einstiegsklassiker der Rechtsgeschäftslehre.

Fall

Der hungrige Hubrecht kauft bei der schönen Bäckerin, einer autarken noch handwerklich ohne Backmischung backenden Bäckerei, die vornehmlich biologisch angebaute Zutaten frisch verarbeitet, ein Brötchen.

Ihr wisst, wie das in der Praxis läuft. Hubrecht sagt „Ein Brötchen bitte“, die Bäckerin packt ein Brötchen ein und antwortet „50 Cent bitte“. Hubrecht legt 50 Cent auf die Theke, nimmt das Brötchen und geht.

Was geht hier juristisch vor?

Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch1, hier liegen drei Rechtsgeschäfte und sechs Willenserklärungen vor. Glaubt Ihr nicht? Seht her!

Kaufvertrag Brötchen gegen Geld

Der Kaufvertrag „Brötchen gegen Geld“ ist das erste Rechtsgeschäft, ein Kausalgeschäft. Hubrecht gibt seine Willenserklärung (hier Angebot) ab, ein Brötchen kaufen zu wollen. Die attraktive Bäckerin gibt eine Willenserklärung ab (hier Annahme), das Angebot Hubrechts anzunehmen; sie sind sich einig.

Wir haben hier also bereits einen Vertrag und zwei Willenserklärungen. Schon fertig? Weit gefehlt.

Das Abstraktionsprinzip sieht die rechtliche Trennung (in Entstehung und Schicksal!) von Kausalgeschäft (hier Kaufvertrag über das knusprige Dinkelvollkornbrötchen) und dem Verfügungsgeschäft (hier Eigentumsübertragung des Brötchens und Eigentumsübertragung der 50 Cent) vor.

Besitz- und Eigentumsverschaffung am Brötchen

Der zweite Vertrag ist auf die Eigentumsübergabe des Brötchens von der lächelnden Bäckerin auf den magenknurrenden Hubrecht gerichtet. Für dieses Verfügungsgeschäft sind erneut zwei Willenserklärungen notwendig. Die Bäckerin sagt „eigentlich“, wenn Sie Hubrecht das warme Brötchen sanft lächelnd übereignet: „Ich biete Dir die tatsächliche Übergabe und die Eigentumsverschaffung an dem Brötchen an.“ Hubrecht kann dieses Angebot nun annehmen.

Hier haben wir also insgesamt schon zwei Verträge und vier Willenserklärungen.

Besitz- und Eigentumsverschaffung am Geld

Dieses Spiel wird ebenso auf die Besitzverschaffung und Eigentumsübertragung der 50 Cent übertragen. Feinschmecker Hubrecht bietet der tüchtigen Bäckerin Übergabe und Eigentumsverschaffung der 50 Cent an, die diese annimmt.

Jetzt haben wir endlich unsere drei Verträge und sechs Willenserklärungen zusammen. Wie das weiter geht, wenn die 50 Cent in mehreren Münzen bezahlt werden oder, oh weh, Wechselgeld einschlägig wird, könnt Ihr Euch nun denken…

Stay blogged. 😎

Euer Matthias

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1 wikipedia.org/wiki/Wahrlich,_wahrlich,_ich_sage_euch

Dies ist ein Artikel aus der Reihe „Recht im Alltag„, die in kurzen Aufsätzen die rechtliche Problemstellung von Alltäglichem aufzeigt. Also von dem, womit sich Juristen so beschäftigen.

Alle rechtlichen online Aufsätze finden Sie in der Rubrik „Alles was Recht ist„.

Der Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Die Einträge dienen lediglich der Information, hier findet keine Rechtsberatung statt. Grundsätzlich muss bei rechtlichen Themen stets das Veröffentlichungsdatum hinsichtlich der Aktualität beachtet werden!